2ndSr _52_ Ein alter Hut
1925 hielt Kemal Atatürk eine Brandrede, aus der man gerne ausführlich zitiert:
Es ist eine würdige Kleidung für unsere Nation. Halbschuhe oder -stiefel an den Füßen, Hosen an den Beinen, Weste, Hemd, Krawatte, Hemdkragen, Jackett und selbstverständlich als Ergänzung dazu auf dem Kopf eine Kopfbedeckung mit Rand. Ich möchte dies sehr offen sagen: Diese Kopfbedeckung nennt man Hut. Wie ein Gehrock, ein Cutaway, ein Smoking oder ein Frack. Hier ist unser Hut.
Je nach historiographischem Temperament nennt man diese Episode türkischer Nationalgeschichte "Hutrevolution" oder "Hutreform". Von da an war der männlichen Bevölkerung das Tragen von Hüten mit Krempe geboten, während orientalische Kopfbedeckungen fortan verboten waren. Gemeint ist hiermit der Fes; das Trapez aus rotem Filz mit Quaste, eigentlich marokkanischen Ursprungs. Uns vertraut ist der kleidsame Kegelstumpf aus dem Logo der Julius Meinl AG – welches wiederum sehr präsent in Instanbuls Straßen war, als ich es zuletzt vor einigen Jahren besuchte. Offenbar wird Meinl dort als erstklassige Marke wahrgenommen.
Atatürk, der so eifrig nach westlichem Vorbild die Modernisierung der frisch gebackenen Republik vorantrieb, wollte von genau dieser orientalistischen Zuschreibung frei machen: Europäische Aristokraten ließen sich gerne den Kaffee in entsprechenden Trachten gekleideten Sklaven bringen.
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