Welche Espressomaschine soll ich kaufen?
Eine ernüchternde Antwort.
Am häufigsten, werde ich um Rat gefragt, wenn jemand mit dem Gedanken spielt, sich eine neue Kaffeemaschine anzuschaffen. Das müsste doch für jemanden wie mich leicht sein, die Beste zu eruieren. Doch auch das Ziel ist nicht so klar, wie es den meisten scheint: nämlich mit viel zu knappen Budget ein Optimum für die morgendliche Tasse herauszuholen. Oft wird darüber noch die eigene Anspruchslosigkeit betont: Man möchte doch bloß einen soliden Kaffee schnell in der Früh zubereitet haben. Also: Was empfehle ich?
Espresso: Viel Lärm um Wenig
Meine Antwort wird meist als unbefriedigend empfunden: der großartige Espresso, der allmorgendlich einfach wie von selbst auf Knopfdruck in der kleinen Demitasse erscheint, ist ein Geist, dem man nachjagt. Wenn einmal eine tatsächlich gelungene Portion so appetitlich honigartig in die Tasse fließt, dann ist dies nur die Spitze des Eisbergs an Aufwand, den man mit der maschinellen Kaffeezubereitung hat. Zunächst ist mal eine frische und gleichförmige Mahlung vorausgesetzt. Mühlen aber sind teuer stehen aber im Schatten der chromglänzenden Siebträgermaschinen. Bis der richtige Mahlgrad gefunden ist, braucht es Zeit und dann immer noch laufende Anpassung. Weiters ist es dringend empfohlen Kaffeemehl und das fertige Getränk in der Tasse zu wiegen und auch das Wasser lohnt sich zu filtern. Nicht zu vergessen: die Reinigung! Auch die monetären Anschaffungskosten nur sehr grob überschlagen sind ernüchternd: Selten einmal ist wer bereit 1000 Euro auszugeben — doch dann wird’s erst interessant! Für diese Stange Geld kann man im Café des Vertrauens schon ein Jahr lang jeden Tag einen Espresso ohne der hier beschriebenen Mühsal bestellen und trinken. Dabei spart man sich auch noch den Frust, wenn’s nicht gelingt. Noch nicht eingeflossen in diese Rechnung sind die Kosten für Kaffeebohnen, Milch und Energie, also laufende Kosten , die daheim ebenso bezahlt werden müssen. Ökonomisch spricht also nicht viel für Espresso zu Hause. Wer abseits wohnt (also kein nettes Kaffeehaus ums Eck hat) und leidenschaftlich gerne Barista spielt, den berate ich auch gerne entsprechend. Aber die meisten steigen an dieser Stelle auch schon aus.
Leider habe ich kein Vertrauen in Vollautomaten oder Kapselmaschinen. Ich rate daher mal den Anspruch an den simplen aber soliden Kaffee, der allmorgendlich bereit steht, als falsche Bescheidenheit zu verstehen. Guter Espresso ist nun mal eine schwierige Sache. Schon gar nicht kann er aus schlechten Bohnen heraus entstehen. Am besten daher keinen Cent in Maschinen investieren, der nicht auch in bessere Bohnen fließen könnte! Kaffee kann nie besser werden, als das, was einmal landwirtschaftlich produziert worden ist. Auch nicht die Anschaffung einer teuren Espressomaschine wird das ändern.
Filterkaffee: Die stille Aufwertung
Kaffee wird normalerweise im Hausgebrauch als Filterkaffee getrunken. Im Gegensatz zu den italienischen Designerstücken, die in coffee shops glänzen, wirkt die gurgelnde Bürokaffee-Brühe schlichtweg defizitär. Und wer seinen Kaffee mit Milch trinkt, dem schmecken sie immer wässrig. So ist verständlich, woher der Wunsch rührt daheim eine Espresso-Maschine zu besitzen. Wer nun die weitverbreitete Bialetti-Kannen ins Feld führt, dem sei minimal besserwisserisch gesagt, das diese am Herd auch im Grunde nur hochdosierten Filterkaffee produzieren. Technisch ist erst wenn zusätzlich zum kochenden Wasser hoher Druck eingesetzt wird. Ich rede im Falle eines hochkonzentrierten Filterkaffees gerne von einem Mokka. Ein solcher Kaffee kann wie Espresso auch mit Milch harmonieren. Doch gilt für klassische Mokkapots und auch klassische Filtermaschinen genauso, dass sie keinen schlechten Kaffee von Zauberhand aufwerten können.
Warum nicht also einfach besseren Bohnen kaufen? Dann ließe sich erst einmal herausfinden, wie weit man ohne teurer Ausstattung kommt. Im folgenden schildere ich diesen Weg, der es erlaubt sich erst mal in dem weiten Geschmacksspektrum umzusehen, das Spezialitätenkaffee bereit hält. Noch bevor man ein Vermögen für Maschinen ausgibt und viel Platz in der Küchenzeile anberaumt beobachten wir einmal, was es alles gibt und was auch realistischerweise zu haben ist. Versuchen wir uns also frei zu machen von einer bestimmten Art von Kaffee, wie wir’s gewohnt sind. Frische, klug ausgewählte und gekonnt geröstete Kaffeebohnen sind ohnehin schwer genug zu bekommen. Es braucht Jahre diese Unterschiede im Geschmack fest machen zu können. Aber mit guter Beratung wird man schon fündig und lernt bald die Eckdaten der eigenen Vorlieben kennen.
Die Espresso-Antwort auf die Filterkaffee-Frage: eine Aeropress!
Um doch noch eine Antwort auf die einleitende Frage zu geben, empfehle ich jeder und jeden sich eine Aeropress zu kaufen. Für rund 30€ hat man das vielseitigste Zubereitungsgerät inklusive kompletten Zubehör. Wasser und Kaffee werden vermischt und direkt in die Tasse gedrückt. Auch ohne unendlicher Liebe zum Detail hat man schnell gute Ergebnisse, nach Belieben auch Mokkas. Mehr als zwei Trinker machen die Sache dann etwas umständlich. Doch wenn man sich für solche Fälle dann für Geräte mit mehr Kapazitäten entscheiden sollte, wird die Aeropress selbst nie an Reiz verlieren und sich als Alternative im Büro oder auf Reisen als nützlich – und d.h. ernüchternd – erweisen.
Im Grunde genommen ist die Aeropress eine Spritze, mit der man heißes Wasser aus einem beliebigen Wasserkocher durch das Kaffeemehl in die Tasse drückt. Dieses simple Prinzip erlaubte mannigfaltiges Experimentieren; man entwickelte technische Erweiterungen und hält internationale Wettbewerbe ab. Das gibt reichlich Stoff für persönliche Recherchen oder gar eine Dokumentation. Doch ohne erst umfassend Bücher drüber zu lesen, kann man mit einer Aeropress gleich loslegen. Sie reinigt sich quasi von selbst und lässt sich in einer Küchenlade verstauen.
Das ist zwar noch nicht alles, was benötigt wird um guten Kaffee zu machen. Aber es ist wohl der größte Sprung, den man mit derart wenig Ressourcenaufwand machen kann. Mit günstiger Mühle und Waage bleibt man bei rund 10% eines anständigen Budgets für eine angemessene Espresso-Ausstattung. D.h. es bleibt reichlich über, um Kaffees an der Bar oder Daheim durchzukosten und erst einmal herauszufinden, was einem schmeckt.
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